Die Bedeutung und Rolle von PROMs in dezentralisierten klinischen Studien 

In den letzten Jahren haben dezentralisierte klinische Studien (DCTs) zunehmend an Bedeutung gewonnen. Unter den vielen Faktoren, die diesen Wandel vorantreiben, stechen Patient-Reported Outcome Measures, oder auch als Patient-Related Outcome Measures (PROMs) bezeichnet, als ein Schlüsselbestandteil hervor, die in der Wissenschaft zunehmend als ausschlaggebende Endpunkte anerkannt werden (Black, 2013). 

Was sind PROMs? 

PROMs sind Fragebögen, die von Patient:innen ausgefüllt werden, um Informationen über ihren Gesundheitszustand, ihre Lebensqualität und andere Behandlungsaspekte aus ihrer Perspektive bereitzustellen. Häufig handelt es sich um standardisierte und validierte Instrumente, die spezifisch für die zu untersuchende Indikation oder Fragestellung entwickelt wurden. Im Gegensatz zu von Ärzt:innen gemeldeten oder objektiven Maßen konzentrieren sich PROMs auf die Erfahrung und Wahrnehmung aus Sicht der Patient:innen, wie z. B. die Belastung durch Symptome, die körperliche Funktionsfähigkeit und das emotionale Wohlbefinden. 

Warum werden PROMs verwendet? 

Ursprünglich wurden PROMs in der pharmakologischen Forschung eingesetzt, um die Behandlungseffekte bei Erkrankungen wie Krebs zu bewerten, wenn eine Heilung nicht möglich war und die Lebensqualität im Vordergrund stand. In den letzten 20 Jahren hat die Verwendung von PROMs erheblich zugenommen, unter anderem mit der Anerkennung durch die Food and Drug Administration (FDA) in den USA und die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) als Maß für die Wirksamkeit einer Behandlung (Storf, 2013)  

Zunehmend wird anerkannt, dass PROMs wichtige Indikatoren für die Wirksamkeit von Behandlungen liefern, die durch objektive Marker oder klinische Beurteilungen nicht erfasst werden (Calvert et al., 2018). Darüber hinaus können gut entwickelte PROMs für eine bestimmte Erkrankung die Auswirkungen der Behandlung auf viele Bereiche messen, was nützlich ist, da die Behandlung unterschiedliche Auswirkungen auf krankheitsspezifische Ergebnisse, den Gesundheitszustand und die Lebensqualität haben kann. Schließlich dienen PROMs nicht nur als Endpunkte in Studien, sondern verbessern auch die Kommunikation zwischen Patient:innen und Ärzt:innen im Behandlungsalltag, was wiederum die Zufriedenheit der Patient:innen erhöht und in der Folge die Therapietreue und die Bindung der Patient:innen an die Behandlung fördert. 

PROMs und DiGA 

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) zeigen, wie PROMs in digitale Gesundheitslösungen und deren Wirksamkeitsnachweis integriert werden können. Um als DiGA vom BfArM zugelassen zu werden, müssen diese Anwendungen positive Versorgungseffekte nachweisen. Diese Effekte können einen medizinischen Nutzen oder patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen umfassen. 

PROMs werden häufig verwendet, um die für eine DiGA-Zulassung erforderlichen Daten zu generieren. 81 % der aktuell gelisteten DiGA verwenden einen oder mehrere PROMs als primäre Endpunkte zur endgültigen Listung, nur bei 19 % werden sonstige medizinische Parameter als primäre Endpunkte gewählt. 62 % der aktuell gelisteten DiGA verwenden sogar ausschließlich PROMs in der Evaluationsstudie zur endgültigen Listung. (BfArM, 2025).  

Die restlichen 38 % der DiGA-Studien, die neben PROMs auch sonstige medizinische Endpunkte verwenden, nutzen PROMs entweder als sekundäre Endpunkte zusätzlich zu anderen medizinischen Parametern. Im Falle von Diabetesstudien (z.B. von Una Health), wird die Wirksamkeit der Intervention primär über die Änderung im HbA1c-Wert nachgewiesen, es werden aber auch PROMs als sekundäre Endpunkte zur Beurteilung der Lebensqualität oder des Selbstmanagements eingesetzt. In anderen DiGA-Studien (wie bspw. der NichtraucherHelden-App) wiederum werden PROMs als primäre Endpunkte eingesetzt und durch objektiv messbare medizinische Parameter unterstützt, so z.B. die Messung des Cotinin-Spiegels als Wert der Nikotinabstinenz (Rupp et al., 2024). 

Gerade der Bereich psychischer Erkrankungen eignet sich gut, um die Auswirkungen der Therapien auf die psychische Gesundheit der Patient:innen anhand von PROMs zu messen. Beispielsweise könnte eine digitale Therapie zur Behandlung von Angstzuständen validierte PROMs wie die Generalized Anxiety Disorder-7 (GAD-7)-Skala verwenden, eine Therapie für Depression wiederum den Patient-Health-Questionnaire-9 (PHQ-9) zur Erfassung der Depressionssymptomatik. Auch das Studienziel der Verbesserung der Lebensqualität lässt sich durch validierte PROMs wie z.B. den EQ-5D oder Short Form 36 (SF-36) gut abbilden. 

Die Rolle von PROMs in dezentralisierten klinischen Studien 

Der Einsatz von PROMs ist besonders interessant in DCTs, bei denen Patient:innen aus der Ferne an der Studie teilnehmen, ohne persönliche vor-Ort-Interaktionen. Sie ermöglichen Forschenden, Daten aus der realen Welt zu erfassen und so die Lücke zwischen klinischer Wirksamkeit und alltäglicher Effektivität zu überbrücken. 

Aus rein praktischer Sicht können PROMs bei der Durchführung von DCTs einfach über digitale Plattformen wie Apps oder Webportale bereitgestellt werden, was eine nahtlose Integration in die Arbeitsabläufe ermöglicht. Dies beseitigt die Notwendigkeit von vor-Ort-Besuchen, reduziert die zeitliche Belastung für Patient:innen und Ärzt:innen und verbessert die Zugänglichkeit von Studien. 

PROMs stellen zudem sicher, dass die für Patient:innen relevanten Endpunkte in die Bewertung einer Intervention miteinfließen. Gerade bei digitalen Interventionen wie DiGA lassen sich PROMs einfach in den Behandlungsprozess der Anwendungen einbauen, um einerseits den Therapieerfolg zu messen und andererseits die Therapien am aktuellen Gesundheitszustand auszurichten. Damit schließen diese Behandlungsmodelle den Kreis zwischen digitaler, individualisierter Intervention, der Bedeutung von PROMs zum Wirksamkeitsnachweis und schließlich der Durchführbarkeit der Wirksamkeitsstudien in einem digitalen Design, was sich auch an einem Anteil von 43 % dezentral durchgeführter DiGA-Evaluationsstudien zeigt (BfArM, 2025). Diese Entwicklung entspricht auch dem allgemeinen Wandel im Gesundheitswesen, hin zu personalisierter Behandlung und gemeinsamer Entscheidungsfindung zwischen Ärzt:innen und Patient:innen. 

Herausforderungen und Chancen 

Obwohl die Integration von PROMs in DCTs ein enormes Potenzial birgt, gibt es Herausforderungen, die bewältigt werden müssen: Die Sicherstellung, dass PROMs für unterschiedliche Patientengruppen angemessen validiert und standardisiert sind, ist entscheidend, um zuverlässige Daten zu generieren. Die Erhebung von Daten aus der Ferne birgt das Risiko unvollständiger oder inkonsistenter Antworten. Robuste digitale Plattformen und Patientenunterstützung sind erforderlich, um diese Risiken zu minimieren. Auch sind nicht alle studienrelevanten Endpunkte über PROMs abbildbar wie z.B. Vitalparameter, Ganganalysen oder sonstige körperliche Untersuchungen. Hier stoßen DCTs an ihre Grenzen. 

Trotz dieser Herausforderungen sind die Chancen enorm. PROMs haben das Potenzial, die Art und Weise, wie wir Erfolg in klinischen Studien und im Gesundheitswesen messen, neu zu definieren und die subjektive Wahrnehmung der Patient:innen in den Mittelpunkt der Wirksamkeitsbewertung zu stellen. 

Fazit 

Die zunehmende Anerkennung von PROMs stellt einen bedeutenden Faktor zur Realisierung dezentralisierter klinischer Studien dar und verdeutlicht die Entwicklung in Richtung patientenzentrierter Forschung und Versorgung. Durch die Erfassung subjektiver Gesundheitszustände von Patient:innen geben PROMs der klinischen Forschung neue und hoch relevante Erkenntnisse und überbrücken die häufig vorherrschende Diskrepanz zwischen Forschungsergebnissen und dem realen Alltagsbefinden. Das Anwendungsbeispiel DiGA veranschaulicht, welchen Stellenwert PROMs für den Nachweis einer wirksamen digitalen Intervention haben, und dass sich DCTs als Form der Studienorganisation besonders für deren Einsatz eignen. Während sich die Gesundheitslandschaft weiterentwickelt, werden PROMs zweifellos eine zentrale Rolle bei der Gestaltung der Zukunft von klinischer Forschung und Versorgung spielen. 

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