Dezentrale Studien und ihre Rolle in der modernen klinischen Forschung 

 

In der klinischen Forschung hat die digitale Transformation in den letzten Jahren maßgebliche Veränderungen bewirkt. Ein besonders innovativer Ansatz ist die Einführung und Etablierung dezentraler klinischer Studien, die als Alternative oder Ergänzung zu traditionellen, standortgebundenen Studienmodellen fungieren.  

Was sind dezentrale Studien?

Dezentrale klinische Studien (DCTs, von engl. “decentralized clinical trials”) stehen für einen modernen Ansatz in der klinischen Forschung, der die Teilnahme für Teilnehmende ortsunabhängig und flexibler gestaltet. Im Kern verlagert sich dabei die Datenerhebung teilweise oder vollständig in das häusliche Umfeld der Teilnehmenden. Digitale Technologien wie Apps und tragbare Messgeräte ermöglichen eine kontinuierliche, standortunabhängige Datenerfassung, die oft ohne persönliche Besuche in einem Studienzentrum auskommt. Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Ausprägungen dezentraler Durchführung.  

Bei DTx Research Solutions verstehen wir darunter die vollständig dezentrale Durchführung ohne festes Studienzentrum. Hier erfolgt die Rekrutierung, der Einschluss und die komplette Datenerhebung ausschließlich über digitale Plattformen und Kanäle. Alle Schritte – von der Ansprache potenzieller Teilnehmenden bis zur Datenanalyse – sind dabei digitalisiert und ortsunabhängig. Dies ermöglicht eine flexible Teilnahme und ein weites Einzugsgebiet, das über den Radius klassischer Studienzentren hinausgeht.  

In einer hybriden DCT mit Studienzentrum werden physische Studienzentren weiterhin als koordinierende Anlaufstellen genutzt. Proband:innen werden vor Ort in die Studien eingeschlossen und es werden wesentliche Studiendaten erhoben, wohingegen andere Daten in ihrer alltäglichen Umgebung gemessen werden. Dieser hybride Ansatz bietet den Vorteil, dass die persönliche Betreuung durch die Studienärzte gewährt bleibt, was für die Patientenbeteiligung entscheidend sein kann. Zudem ist eine ärztliche Untersuchung für bestimmte (objektive) Studienendpunkte unumgänglich.   

Entscheidende Vorteile dezentraler klinischer Studien 

Erweiterter Zugang und gesteigerte Teilnehmerdiversität 

Traditionelle klinische Studien sind häufig durch die lokale Verfügbarkeit von Studienzentren eingeschränkt, was die Rekrutierung erschwert und zu einer begrenzten Diversität der Studienteilnehmenden führt. Dezentrale Studien ermöglichen die Einbindung geografisch und demografisch breiterer Zielgruppen, einschließlich solcher in ländlichen oder unterversorgten Regionen. Laut einem Bericht der Clinical Trials Transformation Initiative (CTTI, 2023) kann der Wegfall physischer Standortzwänge zu einer um bis zu 30 % höheren Diversität der Teilnehmenden führen. Diese Vielfalt ist entscheidend, da unterschiedliche Bevölkerungsgruppen oft differenziert auf medizinische Behandlungen reagieren. Ein diverseres Teilnehmerfeld führt zu aussagekräftigeren und besser generalisierbaren Studienergebnissen, was den Wert der Forschung im Sinne einer patientenzentrierten Medizin steigert. Zudem lassen sich durch diese Maßnahmen schneller notwendige Teilnehmerzahlen rekrutieren. Laut einer Studie des Tufts Center for the Study of Drug Development (CSDD) konnte der Rekrutierungsprozess durch den Einsatz digitaler Technologien um bis zu 60 % beschleunigt werden (CSDD, 2020). 

Kostensenkung und effizienter Studienablauf 

Der Verzicht auf physische Standorte und der Einsatz digitaler Infrastruktur verringern die mit traditionellen Studien verbundenen Kosten erheblich, einschließlich Ausgaben für Räumlichkeiten und Personal. Eine Analyse von Deloitte zeigt, dass durch den Einsatz dezentraler Studienmethoden bis zu 25 % der durchschnittlichen Studienkosten auf Seiten der Sponsoren eingespart werden können (Deloitte, 2021). Zugleich reduzieren sich die logistischen Anforderungen für die Teilnehmenden erheblich, da regelmäßige Fahrten zu klinischen Zentren entfallen und Studiendaten bequem über digitale Kanäle übermittelt werden können. 

Höhere Teilnehmerzufriedenheit und Protokolltreue 

Dezentrale Studien bieten den Teilnehmenden eine flexible und komfortable Möglichkeit zur Studienteilnahme, was deren Zufriedenheit und die Einhaltung von Studienprotokollen steigert. Die Society for Clinical Research Sites (SCRS) berichtet, dass dank der Flexibilität digitaler Studienplattformen die Abbruchrate um rund 50 % gesenkt werden konnte (SCRS, 2020). Die Teilnehmenden können ihre täglichen Verpflichtungen weiterhin wahrnehmen und dabei durch digitale Anwendungen einfach und sicher Daten an die Studienleitung übermitteln, was eine engere Bindung und bessere Compliance sicherstellt. 

Schnellere Datenerhebung und Echtzeitüberwachung der Ergebnisse 

Digitale und dezentrale Studien ermöglichen eine unmittelbare Datenerhebung und Echtzeitüberwachung der Studienergebnisse, was den Studienprozess deutlich beschleunigt und die Qualität der Daten erhöht. Plattformen zur Echtzeit-Datenintegration reduzieren Verzögerungen bei der Datenanalyse um bis zu 30 %, wie die Medidata Solutions berichtet (Medidata Solutions, 2021). Dieser Vorteil erlaubt es den Forschenden, auf Anomalien und Probleme in Echtzeit zu reagieren, was die Datensicherheit und -integrität deutlich verbessert und die Entscheidungsfindung in der Studie beschleunigt. 

Herausforderungen und Zukunftsperspektiven 

 Obwohl dezentrale Studien eine Vielzahl von Vorteilen bieten, gibt es auch Herausforderungen. So sind die technische Infrastruktur und der Datenschutz von zentraler Bedeutung. Die Einhaltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie ethische Aspekte der Datenerhebung und -verarbeitung sind kritische Punkte, die eine sorgfältige Beachtung erfordern. Zudem ist die langfristige Akzeptanz und Integration dieser Studienmodelle in die Routinekliniken und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Technologie notwendig. Außerdem eignet sich dieses Studiendesign nur dann, wenn die gewählten Endpunkte digital abgebildet werden können. Sind z.B. bestimmte Laborwerte, bildgebende Verfahren oder durch Dritte administrierte Tests notwendig, stößt das Design an seine Grenzen. Hier können hybride Ansätze greifen, die die traditionelle Durchführung mit Elementen dezentraler Studien verbinden. 

Fazit 

Dezentrale Studien haben das Potenzial, die klinische Forschung nachhaltig zu ergänzen und zu verbessern. Sie bieten durch digitale Innovationen eine größere Reichweite, Kosteneffizienz und Patientenzufriedenheit, was zu einer höheren Datenqualität und einer effizienteren Datenerhebung führt. Die technologische Struktur dezentraler klinischer Studien bietet ein vielschichtiges und leistungsstarkes Fundament, um klinische Daten effektiv und teilnehmerfreundlich zu erfassen. Sie erhöhen nicht nur die Studienreichweite und -qualität, sondern haben auch die Kapazität, die Effizienz und die Einhaltung der Protokolle durch die Teilnehmenden signifikant zu verbessern

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